“Auf eurer Website sind rund 60 unabhängige Kunsträume verzeichnet. Kann es in einer Stadt zu viele Independent Spaces geben?

FH: Die Ausrichtung der bislang gelisteten Räume könnte unterschiedlicher nicht sein: Von diversen inhaltlichen Schwerpunkten wie Sound, Performance, Architektur oder Diskurs bis hin zu den individuellen und oftmals sehr charakteristischen Räumlichkeiten, die sich meist in ehemaligen Ladenlokalen, Kellern oder Wohnungen befinden und über die ganze Stadt verteilt sind. Ich denke also nicht, dass die Räume in Konkurrenz zueinanderstehen.

BM: Problematisch wird es dann, wenn sich die Stadt Wien und das Bundeskanzleramt entscheiden sollten, die über Jahre gewachsene Vielfalt der Räume nicht weiter zu fördern. Aber ich denke, die wachsende Anzahl auch öffentlich geförderter Projekträume ist ein guter Indikator für die hohe Motivation der Kulturschaffenden und die Bereitschaft der Stadt und des Landes, diese Motivation anzuerkennen.

Die umstrittene Ausstellung »Über das Neue. Junge Szenen in Wien«, die heuer im Frühjahr im Belvedere 21 stattfand, warf die Frage auf, wie viel Nähe sich eine unabhängige Szene zu Institutionen erlauben darf. Was ist eure Meinung dazu?

BM: Ich bin nicht der Meinung, dass eine unabhängige Szene im Widerspruch zur Institution steht. Im Gegenteil könnte man behaupten, dass die Gesamtheit der unabhängigen oder »freien« Szene genauso eine Institution darstellt wie Museen, Kunsthallen oder Messen. Trotzdem agiert jeder einzelne Space natürlich nach eigener Überzeugung, und die kann – und sollte vielleicht sogar – inhärent institutionskritisch sein. Klar im Bewusstsein, dass jede Kritik im Rahmen der Institution sofort von ihr geschluckt wird… Es ist ein kompliziertes Verhältnis. Aber abgesehen davon finde ich die Arbeit, die das Kuratorenteam vom Belvedere 21 rein strukturell und im Rahmen der Möglichkeiten dieser Ausstellung geleistet hat, vorbildlich: Jeder Space hat ein Budget gestellt bekommen und eine inhaltliche Carte Blanche, die Auswahl der Spaces war sehr differenziert und ich hatte den Eindruck, dass die Arbeit, die wir als Betreiber*innen geleistet haben, wertgeschätzt wird.

FH: Das Problem bei einer Ausstellung wie jener im Belvedere 21 ist natĂĽrlich immer die Selektion, wobei Ȇber das Neue« auch nie den Anspruch auf Vollständigkeit gestellt hat. Auch wenn man mit einer solchen Ausstellung leider niemals alle Menschen glĂĽcklich machen kann, finde es generell sehr begrĂĽĂźenswert, dass es diesen Annäherungsversuch gab. Man könnte durchaus auch wieder ĂĽber eine langfristigere Ausstellungsreihe nachdenken, wie etwa damals »Lebt und arbeitet in Wien« in der Kunsthalle Wien. Lokale KĂĽnstler*innen sollten die Möglichkeit haben auch ĂĽber die »Offspace-Szene« hinaus auszustellen, um sich auch in etablierteren Institutionen entfalten zu können.”

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